Die neue ARTE-Serie About: Kate ist die neuste Form von Social TV in Deutschland. Neben der eigentlichen TV-Ausstrahlung wurden weitere Social Media-Kanäle eingebunden, über die die Fernsehzuschauer mit der Hauptfigur, der 30-jährigen Kate Harff, ganz nach dem Second Screen-Prinzip interagieren können. Über Kate‘s Facebook-Profil können die Zuschauer Fragen stellen und ihr neue Denkanstöße geben.
Außerdem wird User Generated Content, wie Bilder oder Videos, in die Serie integriert. Durch die passende App, die auf die Tonspur der Sendung reagiert, können parallel Hintergrundinformationen abgerufen werden. Der Plot thematisiert unsere Gewohnheiten und Denkweisen und deren Veränderung durch die modernen Technologien, wie Facebook oder Mobile Apps. Aber was passiert in der Social TV-Serie? Kate weist sich zu Beginn der Sendung selbst in eine Nervenheilanstalt ein. In den regelmäßigen Therapiesitzungen, die Kate erlebt, werden die Fragen der Psychotherapeutin nicht nur ihr, sondern auch den Zuschauern über die App gestellt, so dass jeder Zuschauer zum Ende der Sendung eine individuelle Diagnose über sein digitales Konsumverhalten erhält. Regisseurin Janna Nandzik erklärt im Interview mit tobesocial die Hintergründe von About: Kate.
About: Kate-Regisseurin Janna Nandzik im Interview mit tobesocial
About: Kate wurde von Christian Ulmen‘s Produktionsfirma Ulmen Television produziert und von der Regisseurin Janna Nandzik geschrieben. Wir haben Frau Nandzik zu den Hintergründen der Sendung befragt:
Frau Nandzik, About: Kate liefert dem Zuschauer eine völlig neue Art der Interaktion über mehrere Kanäle. Wie ist die Idee für das Format entstanden?
Florian Hager, der stellvertretende Programmdirektor von ARTE, kam 2011 auf mich zu, auf der Suche nach einem crossmedialen Format, welches die Einbindung der Zuschauer und Interaktionsmöglichkeiten vorsah. Damals schrieb ich an einem Serienkonzept, welches die Themen Identität, Selbstoptimierung und Erschöpfung des Selbst behandelte. Ich fand es interessant, diese Themen mit der digitalen Revolution in Beziehung zu setzen. Deshalb wollte ich mit About: Kate eine fiktive Versuchsanordnung schaffen, die unseren Zustand mit seinen eigenen Waffen untersucht.
Welche Ziele wollten Sie mit dieser fiktiven Versuchsanordnung erreichen?
Mit About: Kate sollte ein serielles Format geschaffen werden, das verschiedene mediale Kanäle als Spielwiese ausprobiert. Über einen Logfile („Akte Kate“) werden Kate’s Aktivitäten festgehalten. Sie postet, kommuniziert und bewegt sich in den Themen, die in der aktuellen Folge behandelt werden. Die Zuschauer können ihr über ihr Facebook-Profil neue Impulse geben und so mit ihr spielen. Mit Hilfe der App, die sich über die Tonspur der Sendung synchronisiert, kann der Zuschauer eine Art Psychotest durchführen und erhält eine Auswertung zu seiner Verfassung. Außerdem liefert die App Hintergrundinformationen und Verweise zu den Themen, mit denen sich Kate beschäftigt.
Der Zuschauer hat dabei die Möglichkeit, die Sendung direkt mit zu gestalten. Wie funktioniert das?
Durch User Generated Content. Auf der Webseite von ARTE kann dieser von den Zuschauern hochgeladen werden. Ab Folge 3 rufen wir dazu auf, Fotostrecken und Videos hochzuladen, die wir in die Sendungen einbauen, während die Ausstrahlung bereits begonnen hat. Aus diesem Grund läuft die Postproduktion bis Ende Juli.
Wieso haben Sie sich bei der Auswahl der Social Media-Kanäle lediglich auf Facebook beschränkt?
Wir haben uns auf Facebook konzentriert, weil unserer Meinung nach auf diesem Social Media-Kanal das persönliche Netzwerk sowie die Selbstinszenierung des eigenen Geschmacks am stärksten Ausdruck findet. Da wir zugleich in Frankreich und Deutschland ausstrahlen und die Serie im Netz weltweit sichtbar ist, war es uns darüber hinaus wichtig, durch Fotos, Bilder und Videos Sprachbarrieren zu überwinden. Der Look von About: Kate ist sehr collagenhaft, die Erzählstruktur sehr assoziativ. Das bildet sich auch auf den Social Media-Kanälen ab.
Gibt es Befürchtungen, dass die Aufmerksamkeit für die eigentliche Sendung unter der Einbindung anderer Kanäle leidet?
Sicherlich gibt es Zuschauer, für die die Serie gänzlich ohne den crossmedialen Überbau funktioniert. Andere schauen sich die Serie vielleicht mehrmals im Netz an. Die Figuren wurden ohne den Gedanken an Apps und Social Media-Kanäle erarbeitet. Trotzdem bemerke ich eine gewisse Schwerpunktverschiebung in der Außenwirkung. Das ist am Ende jedoch der Mehrwert von About: Kate. Es ist eine Serie, die auch über die angebotenen, zusätzlichen Social Media-Kanäle viel Seele hat und auch für sich selbst steht.
Was genau möchten Sie mit „transmedialem Storytelling“ erreichen und was ist darunter zu verstehen?
Durch transmediales Storytelling entsteht eine Symbiose. Wir untersuchen mit der Serie einen Ist-Zustand mit den Mitteln und Instrumenten, die wir heute ganz selbstverständlich für unsere Außen- und Innenwelt nutzen. Inhalt und Form liegen hier also nahe beieinander, so wie Mensch und Maschine. In unserem Kontext ist darunter eine Serie zu verstehen, die sich in Look und Bewegung ihrem Thema angenähert hat und die sich nach der Ausstrahlung weiter im Netz verbreitet.
Durch About: Kate werden Themen wie „Internetsucht“ angeschnitten. Arbeiten Sie diesbezüglich mit professionellen Therapeuten zusammen?
Tatsächlich habe ich in der Entwicklungsphase der Drehbücher mit Therapeuten gesprochen. Jedoch sollen mit About: Kate Themen wie Depressionen oder Internetsucht nicht wissenschaftlich abgehandelt werden. Es handelt sich bei About: Kate um eine surreale Serie, die sich um den Bewusstseinsstrom einer jungen Frau dreht, der auch durch das Internet gespeist wird. Alles was wir sehen, ist subjektiv verzerrt und entspringt Kate’s Kopf und ihrer Phantasie. Die Zuschauer, die sich noch daran stoßen, dass alles wahnsinnig unrealistisch ist, bewegen sich im richtigen Spannungsfeld. Denn darum geht es: Wo beginnt der Wahnsinn? Was ist (noch) echt und authentisch? Was bedeuten Realität und Identität? Das sind die Fragen von About: Kate.
Was denken Sie, wie könnte die Zukunft der TV-Landschaft aussehen?
Sicherlich wird es auch zukünftig zu einer zunehmenden Verschmelzung von TV und anderen Kanälen kommen. Wie das genau aussehen könnte, wird sich durch Versuch und Irrtum und hoffentlich viele neue spielerische Experimente wie About: Kate zeigen. Wir haben uns sehr über die Interaktionen der Zuschauer im Netz gefreut und ich hoffe, dass das Format auch andere Produktionsfirmen inspiriert.
Vielen Dank, Frau Nandzik! Wir wünschen Ihnen und Ihrem Team weiterhin viel Erfolg mit About: Kate.
Die Sendung wird übrigens immer samstags um 23:50 Uhr auf ARTE ausgestrahlt. Wer also Lust hat, kann sich About: Kate ja mal anschauen. Wir schalten ein!
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