Bereits letztes Jahr im Juli haben wir uns in unserem Blogartikel „Social TV – Wie Social Media interaktives Fernsehen ermöglicht“ ausgiebig mit dem Thema Social TV beschäftigt. Zur Erinnerung: Social TV gilt als technologische Entwicklung, die Nutzern den Austausch über laufende TV-Sendungen und Filme ermöglicht. Im Vordergrund steht dabei die Interaktion mit anderen Nutzern und dem Sender bzw. den Produzenten vor, nach und während der laufenden Sendung.

In Deutschland gibt es bereits einige Sender, die Social Media mit TV verbinden. Als Vorreiter, die versucht haben sich Social TV zunutze zu machen, können sowohl „Gottschalk Live“ als Negativbeispiel aber auch „Berlin Tag & Nacht“ als positives Beispiel genannt werden, wo die Einbindung von Social Media in die TV-Sendung bei den Zuschauern bereits auf reges Interesse stieß. Auch „The Voice of Germany“ wartete bereits innerhalb von zwei Staffeln mit einer ausgefeilten Strategie für Social TV auf. Die Interaktivität, die durch das parallele Onlineangebot von „The Voice of Germany“ entstehen soll, wurde in einer Studie an der Hochschule der Medien in Stuttgart untersucht.

Grafik Social TV the Voice of Germany

Social TV - Die Antwort auf die Veränderung der Fernsehnutzung

Social TV hat seinen Ursprung im zunehmenden Wandel der Fernsehnutzung. Wurde das laufende Programm vor einigen Jahren noch bewusst rezipiert, so gilt der Fernseher heute in den meisten Fällen als Nebenbeimedium. Während dem TV-Konsum beschäftigen wir uns oft auch mit anderen Dingen. Am häufigsten surfen wir parallel im Internet. Technologisch soll dieser Zustand mit Smart TVs, die das Surfen im Internet, den Austausch über soziale Netzwerke und das Abrufen von Hintergrundinhalten auf dem Fernsehgerät ermöglichen, aufgefangen werden. Aber auch parallele Angebote zur Sendung, die im Internet genutzt werden können finden durch Social TV Einzug in den Fernsehkonsum. So finden Fans von „The Voice of Germany“ Social Media Auftritte auf Facebook und Twitter, auf denen schon vor der Sendung gepostet wird, was das Zeug hält. Außerdem findet sich eine sendereigene Plattform auf der Webseite von „The Voice of Germany“, auf der sich Fans austauschen, voten und Zusatzinformationen abrufen und die Sendung im Live-Stream verfolgen können – „ProSieben Connect“.

Interaktion mit der TV-Show „The Voice of Germany“

In der Studie lag der Fokus darauf, die Interaktionsmöglichkeiten auf der Online-Plattform „ProSieben Connect” und die Verbindung zur parallel laufenden Show im TV zu untersuchen. Innerhalb der zweiten Staffel wurden deshalb die vier Live-Shows, das Halbfinale sowie das Finale aufgezeichnet, sowie die Webseite „ProSieben Connect“ abgefilmt, um das so gewonnene Material fundiert auszuwerten. Die Online-Plattform „ProSieben Connect“ wird von ProSieben Sat.1 für unterschiedliche Sendungen genutzt. Je nachdem, welche Sendung im Fernseher läuft, findet zu bestimmten Sendungen auf „ProSieben Connect“ das begleitende Online-Programm statt. Die Webseite ist zusammengesetzt aus einem Live-Stream der laufenden Sendung, der Anzeige der angemeldeten Nutzer („Eincheckungen“), dem sogenannten „Social Talk“, der ähnlich funktioniert wie eine Twitter-Wall und wo Nutzer Kommentare posten können, sowie der „Sideshow“, auf der vom Sender Fragen, Votings und Videos gepostet werden.

Wichtigste Ergebnisse der Studie zu „The Voice of Germany“

Durch eine speziell auf das Programm festgelegte Dramaturgie sowohl innerhalb der Show, als auch zum begleitenden Online-Programm laufen wiederholt für jeden Auftritt und auch für die Phasen dazwischen bestimmte Szenarien ab. ProSieben versucht damit immer wieder, den Zuschauer zur Interaktion anzuregen. Dies erfolgt durch Hinweise, die der Moderator gibt, aber auch durch eingeblendete Bauchbinden, die das Gesagte unterstützen. Passend zur TV-Show läuft auch online eine sich wiederholende Dramaturgie ab, innerhalb derer die Nutzer beispielsweise bei jedem Auftritt zur Bewertung und Abstimmung aufgerufen werden.

Während der Werbepause versucht der Sender die Zuschauer mit einem höheren Umfang im Online-Angebot bei der Stange zu halten. So werden deutlich mehr Zusatzinformationen gezeigt, wie Videos aus der vergangenen Staffel oder aus vergangenen Sendungen, als während der Sendung. Es gab jedoch kaum Veränderungen der Anmeldungen, sodass ausgeschlossen werden kann, dass sich während der Werbung mehr Menschen online aufhalten. Dies wird auch anhand der untenstehenden Grafik deutlich, die zeigt, wie viel Prozent der Beiträge im Social Talk auf die jeweilige Phase fallen. Augenscheinlich wurde in der Werbepause weniger kommentiert als während der laufenden Sendung. Möglicherweise nutzt ProSieben Sat.1  sein Online-Angebot, um zu verhindern, dass Zuschauer während der Werbepause umschalten und daraufhin bei der Konkurrenz hängen bleiben. 

Grafik Postings pro Phase the Voice of Germany

„ProSieben Connect” wird von den Nutzern gut angenommen, denn sie nutzen den „Social Talk“ für Kommentare. Auch die Anmeldungen nehmen im Verlauf der Sendung immer weiter zu. Sind zu Beginn der ersten untersuchten Sendung lediglich ca. 280 Nutzer angemeldet, so finden sich zum Ende hin bereits nahezu 2.600 Nutzer. Über die Hälfte aller Kommentare erfolgen zu den Kandidaten (56,84 %). Auf Platz 2 (10,76 %) finden sich Störungselemente, die thematisch mit der Show nichts zu tun haben, beispielsweise Kontaktanfragen oder ähnliches. Die von ProSieben vielfach propagierte Interaktion bleibt jedoch aus. Der Sender reagiert nicht auf die Kommentare der Zuschauer, die den Sender oder die Show betreffen und die extrem hohe Frequenz der Kommentare (über 2 Kommentare pro Sekunde) macht das Reagieren auf Fragen anderer nahezu unmöglich. Die Kommentare gehen in nahezu 95 Prozent der Fälle ins Leere. Lediglich bei 4,92 Prozent aller Beiträge fand eine wirkliche Interaktion statt.

Grafik Kommentare zu Themen The Voice of Germany

Eine weitere Auffälligkeit stellen die sinkenden Quoten im Verlauf der Staffel dar. Schon in der ersten Staffel kämpfte die TV-Show zum Ende hin mit sinkenden Quoten. Auch die zweite Staffel blieb davon nicht verschont. Es überrascht deshalb nicht, dass auch die Nutzerzahlen auf dem begleitenden Online-Angebot von Sendung zu Sendung weniger werden. Waren in der ersten untersuchten Sendung zu Spitzenzeiten noch ca. 2.600 Personen angemeldet (siehe Grafik), so lag die höchste Anzahl der Anmeldungen schon in der vierten Sendung nur noch bei knapp der Hälfte. Auffällig war jedoch, dass auch die Hinweise auf Interaktion, die beispielsweise seitens des Moderators gegeben wurden, von Sendung zu Sendung immer weiter abnahmen. Es scheint fast so, als ob die gewünschte Interaktion im Verlauf der Staffel an Bedeutung verliert, denn möglicherweise könnte man zumindest versuchen, sinkende Nutzerzahlen auf „ProSieben Connect“ durch eine gleichbleibende Anzahl an Hinweisen aufzufangen.

Grafik Verlauf Eincheckungen The Voice of Germany

Social TV Angebote – die Zukunft der Fernsehlandschaft?

Sicherlich stellen Social TV Angebote, wie die von ProSieben Sat.1, eine sinnvolle Ergänzung zum bestehenden TV-Programm dar und bieten hinsichtlich der Entwicklung der Fernsehnutzung einen Mehrwert für den Zuschauer. Social TV in Sendungen wie „The Voice of Germany“ scheint von den Zuschauern genutzt und angenommen zu werden. Jedoch scheint auch ein Vorreiter wie „The Voice of Germany“ noch bestimmte Schwächen bei der Ausarbeitung einer passenden Strategie für Social TV zu haben. ProSieben Sat.1 ist mit seinem Angebot sicherlich auf dem richtigen Weg. Durch die Auswertung und kontinuierliche Verbesserung des Social TV Angebots von „The Voice of Germany“ könnte der Sender jedoch sicherlich noch weitere Zuschauer dazu animieren, parallel zur Sendung im Internet aktiv zu werden und sich an Diskussionen und Abstimmungen zu beteiligen.

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