Der Arabische Frühling zu Beginn des Jahres 2011 war die Geburtsstunde von Social Media als Instrument der Revolution. Gegen die Unterdrückung ihrer diktatorischen Regierungen gingen unter anderem in Ägypten, Tunesien und Syrien Millionen von Menschen auf die Straße und demonstrierten für ihre Menschenrechte. Besonders die Jasminrevolution in Tunesien bediente sich Facebook und Twitter, um die Proteste zu organisieren und eine breite Weltöffentlichkeit zu erreichen. Die Dezentralität der Protestwelle in Tunesien erforderte einen Weg der Kommunikation, der einfach, schnell und günstig war – und die Demonstranten fanden ihn in den Social Networks.

Social Media Krieg der Hashtags – Nahostkonflikt zwischen Israel und Palästina 
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Heute, mehr als drei Jahre nach dem Arabischen Frühling, sind Social Networks wie Twitter oder Facebook als Plattformen des Protests etabliert. Der aktuelle Konflikt im Gazastreifen zwischen Palästina und Israel wird daher nicht nur mit Raketen oder Gewehren geführt. Es läuft ein Social Media Krieg der Hashtags um die Sympathien der Weltbevölkerung. Twitter ist sozusagen der weltweite Schützengraben der Zivilbevölkerung geworden. Wir beleuchten die Ereignisse in den Social Networks rund um den Konflikt im Gazastreifen.

Social Media in Israel und Palästina

Im gesamten Konflikt wird oft ein David-gegen-Goliath-Effekt beschrieben, weil Israel den palästinensischen Territorien technologisch weit überlegen ist. In Sachen Internetpenetration lässt sich dieser Effekt jedenfalls feststellen. Während 70,8% der israelischen Bevölkerung das Internet im Jahr 2013 nutzten, sind es nur 46,6% der Einwohner Palästinas. Die Tweets und Posts aus den eigentlichen Kriegsgebieten sind aber nur ein kleiner Teil des Social Media Konflikts im Gazastreifen, was man nicht zuletzt auch an den aktuell immer wieder stattfindenden Demonstrationen in deutschen Großstädten sieht.

Facebook Demographie Palästina und Israel

Dennoch wollten wir einen statistischen Blick auf die demographischen Social Media Landschaften in Israel und Palästina werfen. Ihr könnt in der Grafik „Social Media Facts über Israel und Palästina“ sehen, dass vor allem junge Menschen aus den palästinensischen Gebieten in Facebook sind. Besonders die Gruppe der unter 18-Jährigen zeigt sich sehr aktiv. Die israelische Facebook Statistik zeigt hingegen eine eher ältere Demographie.

#GazaUnderAttack vs. #IsraelUnderFire

Wenn man sich den Social Media Krieg im Gazastreifen genauer ansieht, zeigt sich, dass vor allem Twitter für den Meinungs- und Informationsaustausch genutzt wird. Besonders das Microblogging-Netzwerk mit dem blauen Vogel wird eingesetzt, um die Sympathien der Welt zu erobern. Der Grund dafür liegt in den Hashtags, denn damit können Tweets einem Thema direkt zugeordnet werden und zudem kann dem Tweet mit einem Hashtag eine gewisse Tonalität verpasst werden. Die User können sich direkt auf eine Seite des Gaza-Konflikts schlagen.

GazaUnderAttack und IsraelUnderFire Demographie Studie Twitter

In einer eigenen Untersuchung haben wir für euch die weltweite Nutzung der beiden stärksten Hashtags #GazaUnderAttack und #IsraelUnderFire analysiert. Am 12. Juni 2014 wurden drei israelische Teenager entführt und in den Folgetagen begann der Krieg dieser beiden Hashtags. Vom 16. Juni 2014 bis gestern Abend wurde #GazaUnderAttack insgesamt 7,9 Millionen Mal getwittert, das sind 6.372 Tweets pro Stunde und 152.932 Tweets pro Tag. Das Pendant der Gegenseite #IsraelUnderFire wurde hingegen nur 422.175 Mal und somit 338 Mal pro Stunde bzw. 8.119 Mal pro Tag getwittert.

Die Einwohner der USA twittern deutlich häufiger als beispielsweise deutsche Internetnutzer. Das zeigt sich auch im Fall des Gaza-Konflikts. Fast 40% der Tweets mit #IsraelUnderFire kommen aus den USA, nur 19,7% aus Israel. Beim Hashtag #GazaUnderFire liegt Großbritannien (16,4%) vor den USA (10,7%) und der Türkei (7,1%). Die Verteilung nach Geschlecht ist sich bei beiden Hashtags sehr ähnlich, jeweils knapp zwei Drittel sind männlich und ein gutes Drittel ist weiblich.

GazaUnderAttack und IsraelUnderFire Studie Twitter

Wir haben uns auch die Korrelationen anderer Hashtags mit den beiden untersuchten Hashtags angesehen. Beim Hashtag #GazaUnderAttack wird deutlich, dass Tweets mit diesem Hashtag kaum einen Bezug zur israelischen Seite herstellen und stark für die palästinensische Seite sprechen. Tweets mit dem Hashtag #IsraelUnderFire hingegen enthalten zu 15,54% auch den Hashtag #GazaUnderAttack und zu 15,03% den Hashtag #Gaza. Somit sind diese Tweets eher als neutral zu sehen. Die Hashtags mit Bezug zur palästinensischen Seite haben sich in der Welt als Symbole dieses Kriegs etabliert.

Eine große Rolle spielt dabei die Emotionalität, die sich mitunter auch in Hashtags ausdrückt. So sind zum Beispiel Hashtags wie #PrayforGaza oder #BringbackourBoys sehr beliebt. Die aktuellsten Hashtags auf Twitter sind aber #GazaUnderAttack und #IsraelUnderFire. Ein Grund dafür, dass der Hashtag #GazaUnderAttack häufiger verwendet wurde als der Hashtag #IsraelUnderFire, ist sicherlich die Emotionalisierung, die durch dramatische Bilder nach den Angriffen Israels auf palästinensische Gebiete stark ansteigt. Außerdem spielt wohl auch der bereits erwähnte David-gegen-Goliath-Effekt eine Rolle.

Social Media Guidelines der Hamas und ein Blick aus dem Weltall

Aufgrund der internationalen Beobachtung des Gazastreifen-Konflikts ist der Wert, den die Zuneigung der restlichen Welt hat, nicht zu unterschätzen. Und das ist beiden Lagern durchaus bewusst. Auf der israelischen Seite ist sicher der offizielle Twitter-Kanal der israelischen Regierung @IDFSpokesperson hervorzuheben, der es mit Aufklärung durch Fakten versucht. Das andere Lager wird nicht nur militärisch von der Hamas bestimmt: Die Terrororganisation hat sogar Guidelines für die Social Media Aktivitäten ihrer Sympathisanten entwickelt. Darin heißt es unter anderem, man soll stets von unschuldigen Zivilisten sprechen, wenn es um Opfer geht.

Social Media Krieg der Hashtags Twitter Tweet 
Bildquelle: twitter.com/Astro_Alex

Wir könnten hier sicher hunderte Tweets zeigen, die den Einsatz von Social Media im Gazastreifen aufzeigen würden. Einen ganz besonderen Tweet aber haben wir auf dem Twitter-Kanal des deutschen Astronauten Alexander Gerst gefunden, der gerade mit der ISS Raumstation um die Erde kreist. Darin zu sehen ist ein Bild aus dem Weltall, das Explosionen am Gazastreifen aus einem sonst nicht zu sehenden Blickwinkel dokumentiert.

Der Nachrichtenkonzern Al Jazeera erstellte außerdem eine Art Live Stream, der die Geschehnisse des Gaza-Konflikts mit den weltweiten Twitter-Aktivitäten in Verbindung setzt. Das ist besonders für diejenigen unter euch interessant, die sich bisher noch nicht konkret mit dem Thema auseinandergesetzt haben.

Social Media Krieg der Hashtags Twitter Stream 
Bildquelle: Al Jazeera

Fazit

Social Media hat heute eine ungemeine Macht. Vom Shitstorm über Boykottaufrufe bis hin zur modernen Kriegsführung mit den Reichweiten starker Propaganda ist alles möglich. Natürlich gibt es auch unzählige Menschen ohne Internetanschluss auf dieser Welt. Aber jeder, der das World Wide Web betreten kann, hat auch die Chance, von einer breiten Öffentlichkeit gehört zu werden. Dazu gehören Experten ebenso wie Betroffene, Menschenrechtsorganisationen oder Regierungen. Das führt uns der Gaza-Konflikt deutlich vor Augen. Und glaubt auch nicht alles, was ihr in den sozialen Medien lest und seht, denn hetzerische Propaganda ist auch hier an der Tagesordnung.
 

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