Es ist die größte Angst vieler Social Media Nutzer: Was geschieht mit meinen Daten? Wer hat Zugriff auf meine Facebook Bilder? Wie viel darf ich preisgeben? Mittlerweile hat sich aber sogar bis in die letzten Ecken der Social Networks herumgesprochen, dass man die Privatsphäreeinstellungen bei Facebook, LinkedIn, Google+ oder Twitter deutlich sicherer gestalten sollte. Aller spätestens seit dem NSA-Skandal, Edward Snowden und Wikileaks wissen die meisten nun, dass unsere Daten in den Sozialen Medien und im Internet nicht sicher sind.
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Das scheint nun – wie sich das gehört mit einer ordentlichen Verspätung – auch die deutsche Bundesregierung erkannt zu haben. Die Bundeswehr hat ein starkes Interesse daran, die öffentliche Meinung aus Beiträgen in Social Media Plattformen zu konstruieren. Das deutsche Pendant zur NSA, der Bundesnachrichtendienst, will sogar das gesamte Internet in Echtzeit überwachen lassen. Und einen gefährlich klingenden Namen gibt es für die Pläne auch schon: „WeroQ“ – Wissenserschließung in offenen Quellen. Wir schauen auf die Beweggründe für die Social Media Überwachung und untersuchen, ob der BND und die Bundeswehr eure Social Media Inhalte überhaupt überwachen dürfen.
Social Media Überwachung – Welches Ziel wird verfolgt?
Es ist wichtig zu wissen, dass der Bundesnachrichtendienst keine Spionage oder Überwachung im Inland durchführen darf. Das Internet und somit auch Social Media Plattformen sind rechtlich gesehen aber nur bedingt im Inland. Selbst wenn ein Berliner seinem Nachbar eine Facebook Nachricht schreibt, kann man davon ausgehen, dass findige Anwälte dank der Serverstandorte o. ä. einen Auslandsbezug in diese Datenübermittlung hineininterpretieren können.
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Offiziell liegt der Zweck der Social Media- und Internet-Überwachung durch den BND darin, mittels statistischer Verfahren aktuelle Trends, Tendenzen und Meinungsklimata im Ausland aufzuspüren. Dabei sollen nicht die Einzelpersonen im Mittelpunkt stehen, sondern übergeordnete Untersuchungen, um herauszufinden, was die Bevölkerung relevanter Krisenregionen im Internet denkt. Auch die Informationsströme der Menschen sollen durch die Überwachung des Internets und der Social Networks ermittelt werden. Der BND will Krisen und Entwicklungen im Ausland früher erkennen.
Die Bundeswehr will mittels bekannter Social Media Analysetools frei zugängliche Quellen im Internet auswerten und die Meinung der deutschen User rund um die Bundeswehr herausfinden. Das klingt erstmal völlig unspektakulär, denn diese Art von Social Media Monitoring – also die Meinungsforschung – betreiben wir täglich für unsere Kunden. Strittig ist es nur deshalb, weil der Staat hier seine Bürger überwachen will. Und in den Zeiten des NSA-Skandals und der offensichtlichen Überwachung durch amerikanische Geheimdienste ist das Vertrauen der Bürger in die Aufrichtigkeit solcher vermeintlich harmlosen Monitoring-Aktivitäten erschüttert.
Darf die Regierung das Social Web überwachen?
Die rechtliche Sicht der Dinge ist noch nicht abschließend geklärt. Sowohl der BND und die Bundeswehr auf der einen als auch die Gegner der „Wissenserschließung in offenen Quellen“ auf der anderen Seite haben stichhaltige Argumente. Bundeswehr und BND betonen unisono, dass sie nicht planen, Einzelpersonen zu überwachen. Es geht ihnen nur um Meinungstendenzen und Trends, nicht um personenbezogene Daten. Problem: Das Schnüren von Datenpaketen und die Überwachung einzelner Personen in sozialen Medien wären durchaus möglich und denkbar.
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Durch die Zusammenstellung von Datenpaketen über einzelne Personen würden laut Experten neue Datensätze entstehen, die dann auch nicht dadurch gerechtfertigt wären, dass der Ursprung öffentliche Quellen waren. In diesem Fall schreibt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das sich aus dem im Grundgesetz verankerten allgemeinen Persönlichkeitsrecht ableitet, eine ausdrückliche Einwilligung der Betroffenen oder eine Ermächtigungsgrundlage in Form eines richterlichen Beschlusses vor.
Fazit
Wie ihr seht, bietet dieses Thema viel Zündstoff für Diskussionen. Die Netzaktivisten befürchten den Start einer umfassenden Überwachung des Internets und der sozialen Medien durch Regierungseinrichtungen. Und diese Überwachung soll möglichst schon im Keim erstickt werden. Demgegenüber steht die Bundesregierung, die durch komplizierteste Formulierungen und ein kaum zu durchschauendes Beamtendeutsch diese Angst groß werden lässt. Denn wenn man den öffentlichen Stellungnahmen des BND und der Bundeswehr glauben kann, ist WeroQ zunächst einmal nur ein relativ unspektakuläres Social Media Monitoring.
Die Problematik entsteht erst dadurch, dass alles Weitere möglich zu sein scheint. Es kann durchaus der Eindruck einer staatlichen Überwachung zur Umsetzung ziviler oder militärischer Ziele entstehen. Es zeigt sich hier also erneut, dass die Rechtsprechung in Sachen Internet und Social Media noch Nachholbedarf hat. Außerdem ist es in der aktuellen Stimmungslage rund um den NSA-Skandal einfach nur unklug von BND und Bundeswehr, ihre Pläne derart unkonkret und diffus zu veröffentlichen.
Das Internet ist und bleibt eben Neuland, oder Frau Kanzlerin? ;-)
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