Während Unternehmen in den USA verstärkt auf Twitter als Kommunikations-, Recruiting- und Service-Plattform setzen, sind deutsche Firmen beim Tweeten eher noch zurückhaltend. So jedenfalls ist der Eindruck, den wir beim Durchforsten von Twitter erhalten haben. Auch aktuelle Studien varrieren hinsichtlich der Anzahl der Twitter-User in Deuschland sehr stark. Die Studie „Social Media Atlas 2013: Social Media Nutzung in Deutschland“ spricht von 11 Mio. deutschen Nutzern, Bitkom von 3,2 Millionen Nutzern und die aktuelle Onlinestudie von ARD und ZDF von 3,8 Millionen deutschen Nutzern. 1 Mio. Twitter-Nutzer sind wöchentlich aktiv. Woran liegt das und wie sieht die Twitter-Nutzung von deutschen Unternehmen aus? Dem wollen wir nachgehen und haben uns eine aktuelle Studie zu Gemüte geführt, welche das Twitter Marketing der großen deutschen Marken unter die Lupe genommen hat.
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Eine Studie vom Mai 2014 namens „Deutsche Marken auf Twitter – Eine Analyse der Twitter-Aktivität 2014“ von Brandwatch beschreibt nun die Aktivitäten von 100 deutschen Unternehmen und Marken in Twitter. Darunter befinden sich große Marken wie die DAX30-Konzerne oder beispielsweise der FC Bayern München. Und eines können wir euch vorab schon verraten: Im Großen und Ganzen bieten diese Unternehmen den Nutzern leider kaum einen Anreiz auf Twitter aktiver zu werden.
60% der Top-Marken ohne aktiven deutschsprachigen Twitter-Account
Zum Thema Twitter Marketing wurden in der Brandwatch-Studie große deutsche Marken untersucht, deren Marketingbudgets auf jeden Fall für die Erstellung und Pflege eines Twitter Account reichen sollte. Trotzdem haben 45 der 100 analysieren Marken keinen aktiven Twitter Account. 60% der Marken verfügen über keinen deutschsprachigen Twitter-Kanal. Die deutschen Follower können also nur mit 40% der großen deutschen Unternehmen in ihrer Heimatsprache interagieren.
Die Studie untersuchte außerdem, wie viele Accounts die Marken auf Twitter angelegt haben. Im Durchschnitt kommen auf eine Marke 2,6 Accounts. Ein Viertel der Marken nutzt mehrere Accounts auf Twitter für verschiedene Arten von Tweets.
Die untenstehende Grafik „Kundenservice in Twitter? – Fehlanzeige!“ zeigt die beliebtesten Typen von Accounts, die von deutschen Marken am häufigsten erstellt und gepflegt werden. Neben den Hauptaccounts sind das vor allem News- und Recruiting-Kanäle, aber auch Blog-Artikel und PR-Botschaften werden regelmäßig auf einem speziell eingerichteten Account getweetet. Übrigens verhalten sich viele deutsche Unternehmen ähnlich wie die Twitter-Nutzer: 27% der Marken verfügen über einen inaktiven Twitter-Account. Darin enthalten sind aber auch Accounts, die zur Sicherung des entsprechenden Namens erstellt wurden.
Servicewüste Deutschland – auch in Twitter?
In sehr vielen deutschen Unternehemen ist die Erkenntnis immer noch nicht gereift, dass sich Social Media hervorragend als kostengünstiges Service-Instrument eignet – neben den vergleichsweise teurem und zeitaufwendigen Telefon- und E-Mail-Service, versteht sich. Eigentlich bieten sich Social Media Plattformen wie Twitter geradezu an, um die Kundenwünsche zu analysieren und dadurch die Kundenloyalität zu steigern. Durch den direkten Austausch können die Unternehmen den Konsumenten eine schnelle und reibungslose Hilfe bei Problemen anbieten.
Endlose Warteschleifen in Telefon-Hotlines oder unbeantwortete E-Mails stehen stellvertretend für die Servicewüste Deutschland. Twitter und andere Soziale Netzwerke wie z.B. Facebook könnten hier eine effektive und vergleichsweise günstige Alternative für einen gut funktionierenden Kundenservice sein. Auch diese Studie von Brandwatch beweist, dass selbst die deutschen Top-Unternehmen äußerst schwach in puncto Twitter Marketing und Social Media Service generell aufgestellt sind. Speziell bei einer hohen Follower-Anzahl und vermehrten Service-Anfragen via Twitter bietet es sich an, einen eigenen Service-Kanal in Twitter zu installieren und etablieren.
Welche deutschen Unternehmen sind in Twitter am aktivsten
Im Durchschnitt tweeten die 55 Unternehmen bzw. Marken mit mindestens einem aktiven Twitter-Account 26 mal pro Woche und Account. Am aktivsten ist die Deutsche Telekom. Wie die Grafik „Top-Tweeter und beste Response Rate“ auf der linken Seite zeigt, hat die Deutsche Telekom mit 315 Tweets pro Woche die Nase vorn. Danach folgen EON, T-Mobile und die Lufthansa, gefolgt vom FC Bayern München. Dies sind allesamt international tätige Unternehmen.
In der Grafik rechts seht ihr die Response Rates der verschiedenen Marken. EON liegt hier vorn und reagiert auf fast 80% der Tweets, in denen sie mit dem @-Zeichen erwähnt wurden. Auf den weiteren Plätzen folgen AEG, die Deutsche Telekom, die DHL und Fanta. Die Response Rate ist eine extrem wichtige Kennzahl dafür, wie gut der Social Customer Service funktioniert und wie „social“ sich die Unternehmen tatsächlich in den sozialen Netzwerken verhalten. Die größte Community im Test hat übrigens der große FC Bayern München mit zu dem Zeitpunkt mehr als 900.000 Followern. Die aktivste Community hingegen hat die Commerzbank mit einer Engagement Rate von über 80%, der FC Bayern kommt hier auch auf gute 80%. Auf Platz 3 folgt Nivea mit knapp 60% Engagement Rate. Die durchschnittliche Engagement Rate in der Untersuchung beträgt 13%.
Fazit
Die deutschen Twitter-Nutzer können, zumindest was Tweets von deutschsprachigen Markenaccounts angeht, auf keinen Mehrwert und Kundenservice hoffen. Die führenden Marken in den verschiedenen Ranglisten sind alle sehr international aufgestellt. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese Unternehmen eher für das internationale Publikum tweeten. Dass es aber funktionieren kann, zeigen die Response Raten der Marken EON und AEG, die so einen Dialog auf Twitter mit ihren Zielgruppen führen können, auf Beschwerden reagieren und Input für weitere Verbesserungen oder Kundenwünsche erhalten. Ein weiteres Positivbeispiel ist die Commerzbank mit einer Engagement Rate von über 80%.
Alles in allem bleibt aber festzuhalten, dass Twitter Marketing in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckt. Wer es also schafft, die User mit hochwertigem Content für sich zu begeistern, dem winken Follower, die auf einem nicht so überlaufenem Markt wie Facebook ein hohes Engagement zeigen. Und die Unternehmen, die rechtzeitig einen Kundenservice in Twitter etablieren, können sich von der Konkurrenz abheben und sich optimal für die Zukunft positionieren. Denn in Bälde führt kein Weg an einem funktionierenden Social Media Kundenservice vorbei.
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