Es ist Juli, Sommer, Urlaubszeit! Auch wenn das aktuelle Wetter hierzulande was anderes erzählt, die Tourismusbranche spricht von Hauptsaison. Und was ist die Lieblingsbeschäftigung der Deutschen zu dieser Zeit? Reisen natürlich! Egal ob Urlaub im Naherholungsgebiet, an den deutschen Küsten, in den europäischen Nachbarländern oder auf tropischen Südseeinseln, die Hauptsache ist, man kann die Sonne genießen und die Seele baumeln lassen! Aber wie informieren sich die Urlauber im Vorfeld über Destination, Reiseveranstalter, Hotel etc.? Spielt das Internet, insbesondere das Web 2.0, eine wichtige Rolle bei der Urlaubsplanung und der Buchung? Und wie ist die Reisebranche im Social Web aufgestellt?

Grafik Tourismus im Web 2.0

Folgende Situation dürfte nahezu jedem hart schuftenden Arbeiter oder Angestellten mehr als bekannt sein: Die Urlaubsplanung steht vor der Tür und man fragt sich, wo und wie man sich am besten und einfachsten informieren kann. Zur Auswahl stehen der umständliche Gang zum Reisebüro, das Studieren von zahlreichen Tourismuskatalogen, die schnelle und einfache Informationsbeschaffung im Internet und die Befragung von Freunden und Bekannten nach deren Erfahrungen im letzten Urlaub. Die erste Option, der traditionelle Gang zum Urlaubsvermittler seines Vertrauens, wird jedoch immer seltener. Die Gründe hierfür sind vielfältig.

Auch Reisekataloge liefern zwar einige Eindrücke, doch beschönigen sie die angepriesenen Destinationen und Hotels über alle Maße. Die Fotos sind teilweise uralt und präsentieren das Urlaubsziel von der schönsten, nicht aber von der ehrlichsten Seite. Aus dem persönlichen Umfeld hingegen kommen definitiv Hinweise und Tipps, denen die potenziellen Reisenden vertrauen. Wenn ein Arbeitskollege oder Verwandter von seinem letzten Urlaub am Mittelmeer berichtet und die Ausstattung, das Personal, das Essen, den Strand sowie die gesamte Hotelanlage an sich in höchsten Tönen lobt und dies mit aussagekräftigem Foto- und Videomaterial unterlegt, so wird ihm bzw. ihr gerne geglaubt. Wenn ein kommerzieller Reiseanbieter eine solche Aussage tätigt und den „günstigen Preis“ untermauert, wird dem Braten allerdings nicht zwangsläufig getraut. Zu recht oder zu unrecht?

Im Web 2.0 finden sich unzählige Möglichkeiten, um sich gezielt über Urlaubsorte, Hotels und Preise zu informieren. Foren, Blogs und Plattformen wie Holidaycheck, Trivago oder Zoover erfreuen sich immer größer werdender Beliebtheit. Aber wie sind die Reiseunternehmen generell in den sozialen Medien aufgestellt? 

Das IFAK Institut in Zusammenarbeit mit Tourismuszukunft prognostiziert in ihrer „Expertenbefragung zu aktuellen Entwicklungen im touristischen Online Marketing“ für das Jahr 2011, dass 36% des gesamten Marketingbudgets der Tourismusbranche in Online Aktivitäten investiert werden. Für die nächsten 2 Jahre wird ein Heranwachsen des Budgets auf 53% vorausgesagt, was zur Folge hätte, dass das Online Marketing den klassischen Marketingaktivitäten den Rang ablaufen wird.

Im Bereich Social Media erwartet IFAK ein Anstieg der Investitionen von 16% (2011) auf 20% (2013). Im Social Network Facebook sind laut Befragung bereits 78% der Unternehmen aus der Touristikbranche aktiv und 10% wollen alsbald nachziehen. Mit etwa 17% Wachstum wird allerdings der stärkste Anstieg für Wikipedia erwartet, womit sich das zentrale Informationsmedium als wichtiges Social Media Instrument hinter Facebook, Twitter und YouTube einreihen würde.

Grafik Praesenz in Social Media

Zu einem abweichenden Ergebnis kam die TOUROM-Studie 2011 „Social Media in der Reisebranche“. Die Untersuchung von 111 Reiseveranstaltern ergab, dass 58,6% der Unternehmen über eine eigene Fanpage verfügen, wovon allerdings nur 22,5% in deutscher Sprache sind. 12,6% der Reiseunternehmen nutzen ein Personenprofil, 4,5% eine Gruppe und 36,9% haben gar kein Unternehmensprofil. Die durchschnittliche Fananzahl der Facebook Fanpages beträgt 38.557.

Ein erstaunliches Ergebnis der Studie ist, dass der letzte Beitrag im Schnitt 19 Tage zurück liegt. Das zeugt nicht gerade von einer guten Interaktion zwischen Unternehmen und Kunden. Nur etwa die Hälfte der Reiseveranstalter (50,8%) hat eine eigene, individuelle Application programmiert und in die Fanpage integriert. Und nur 9,2% haben in der nahen Vergangenheit ein Gewinnspiel auf Facebook durchgeführt. 32,7% der Tourismusunternehmen haben mehr als 1.000 Follower auf Twitter.

Grafik Twitter Follower

Die TOUROM-Studie 2011 belegt zudem, dass 58,6% der Tourismusorganisationen in einem Video erwähnt werden und dass 42,3% über einen eigenen YouTube-Kanal verfügen. Auf diesen Kanälen befinden sich durchschnittlich 48 Videos, sie haben 328 Abonnenten und werden knapp 60.000x aufgerufen. Den größten Nachholbedarf haben die Reiseveranstalter allerdings im Bereich ihrer Websites. Lediglich 1,8% der Unternehmen haben einen Blog auf ihrer Homepage eingebunden und nicht einmal ein Drittel haben Social Bookmarks integriert.

Auf ihre eigene Facebook Fanpage verweisen nur 38,7% und bei mageren 2,7% ist eine Facebook Likebox auf der Website zu finden. 10,8% der Unternehmen haben die Share Funktion implementiert und 5,4% bieten ihren Homepage Besuchern den Facebook Like Button an. In punkto Twitter und YouTube sind die Zahlen ähnlich.

Grafik Webseitenanalyse Tourom Studie

Für die Unternehmen aus der Touristikbranche ist hinsichtlich der Social Media Aktivitäten also noch reichlich Luft nach oben. Es gibt mittlerweile einige Studien und Analysen, die den Kosten-Nutzen-Faktor für den Einsatz von Social Media Marketing darlegen. Wollen die Reiseveranstalter also wettbewerbsfähig bleiben und in direkter Kommunikation zu den potenziellen Kunden treten, bleibt aufgrund der zu erwartenden Wachstumsraten im Online Marketing gar keine andere Wahl, als das Geschäft in den sozialen Medien auszubauen.

Mit Christian Reske, OnSite Manager (DE/AT/CH) bei der Zoover GmbH, einem der größten Onlineportale im Bereich Hotel- und Urlaubsbewertungen, sprach tobesocial über die IST-Situation und den Trends im Bereich Tourismus & Web 2.0.

Herr Reske, Ihre Urlaubsplanung steht an. Wie planen und buchen Sie die schönsten Tage des Jahres?

Christian Reske: „Da ich ja direkt an der Quelle sitze, informiere ich mich zuerst über die Hotels im gewünschten Zielgebiet. Ich sortiere mir die Hotels nach meinen favorisierten Kriterien (z.B. Sterne, Anzahl & Art der Bewertungen, Lage etc.). Die letzen fünf Hotels werden dann genauer begutachtet und die Preise der einzelnen Anbieter verglichen. Bisher hatte ich dadurch nur Urlaube, wie ich sie mir gewünscht habe.“

Wie würden Sie den aktuellen Trend im Bereich Hotelvergleich im Internet beschreiben? Steigen die Nutzerzahlen der großen Onlineportale wie zoover.de und deren Konkurrenz?

C.R.: „Oh ja! Hotelbewertungen werden immer wichtiger, wenn es um die Reiseplanung geht. Das Thema Hotelbewertungen ist scheinbar in den Köpfen der Leute angekommen.“

Wie beurteilen Sie den Stellenwert des sog. „Web 2.0“ für die Tourismusbranche? Sehen Sie größere Gefahren und Risiken für Reiseveranstalter und Tourismusanbieter oder überwiegen die Möglichkeiten und Chancen?

C.R.: „Für den Endverbraucher, also den Reisenden an sich, bieten die Bewertungen natürlich viele Vorteile. Schlechte Hotels können schon zu Hause bei der Reiseplanung ausgeschlossen werden und man erspart sich die böse Überraschung am Urlaubsort. Aber auch für Hoteliers und Reiseveranstalter bieten Reiseplattformen vielfältige Chancen: Wo sonst kann man seine Unterkunft einer so breiten, internationalen Masse an potenziellen Gästen präsentieren?“

In welchem Maße beeinflussen, Ihrer Meinung nach, die in den sozialen Medien stattfindenden Gespräche über Tourismus bzw. Reisen die Kaufentscheidung der potenziellen Urlauber?

C.R.: „Facebook, Twitter & Co. sind heutzutage aus dem Onlinegeschäft nicht mehr wegzudenken. Nicht umsonst haben viele Unternehmen heute eine Fanpage bei Facebook. Inwieweit die neuen Medien die Kaufentscheidung direkt beeinflussen, lässt sich heute noch nicht genau bestimmen. Sie sind auf jeden Fall ein wichtiges Kommunikationsinstrument, um die neusten Informationen an den Kunden weiter zu geben.

Grafik Facebook Screenshot

Quelle: http://www.facebook.com/Zoover.de

Wie zuverlässig sind die Hotelbewertungen der Kunden? Man hört immer wieder von Angeboten seitens Agenturen, die hunderte von Hotelbewertungen unter falschem Namen vornehmen, um die Hotels ihrer Auftraggeber zu pushen bzw. der Konkurrenz zu schaden. Wie gehen Sie dagegen vor bzw. ist es überhaupt möglich, diese schwarzen Schafe ausfindig zu machen?

C.R.: „Ein speziell geschultes Expertenteam kontrolliert bei Zoover alle eingehenden Bewertungen. Leider gibt es immer wieder Versuche, gefakte Bewertungen bei uns zu veröffentlichen. Die meisten werden von uns rausgefiltert und gelöscht. Eine 100%ige Sicherheit kann aber nie garantieren. Agenturen, die bewusst Bewertungen fälschen und damit Geld verdienen, begehen Straftaten und werden rechtlich verfolgt.“

Wie reagieren die Reiseveranstalter und Hotels auf Onlineportale wie zoover.de allgemein? Und wie verhalten sie sich, wenn die angebotenen Reiseprodukte in den Bewertungen schlecht abschneiden? Gibt es Versuche seitens der Reiseveranstalter und Hotels, die Bewertungen positiv zu beeinflussen und gar zu löschen?

C.R.: „Reiseveranstalter halten sich bei schlechten Kritiken eher zurück. Es sind eher die Hoteliers, denen negative Bewertungen aufstoßen. Da wird dann auch schon mal versucht, positive Bewertungen zu veröffentlichen oder direkt mit Klagen gedroht. Wir bieten allen Unterkunftsbetreibern unseren kostenlosen Hotelierlogin an. Mit diesem Tool haben die Betreiber die Möglichkeit auf Bewertungen zu reagieren und diese direkt zu kommentieren. Durch den Dialog zwischen Bewerter und Bewertetem können viele Konflikte schnell gelöst werden.“

Was war aus Ihrer persönlichen Sicht der skurrilste Versuch der Beeinflussung seitens der Reiseveranstalter und Hotels?

C.R.: „Sehr lustig (und offensichtlich) ist es immer, wenn eine Unterkunft ein paar negative Bewertungen bekommen hat und dann auf einmal 3-4 übertrieben gute Bewertungen von der Email-Adresse der Unterkunft selber (z.B. rezeption[at]hotelXXYYZZ.de) eingereicht werden.“

Wo sehen Sie die traditionellen Reisebüros im Vergleich zu den Online-Reiseveranstaltern in etwa 5 Jahren? Ist die persönliche Beratung in Zukunft weiter ausschlaggebend oder vertrauen die potenziellen Urlauber vorwiegend den Informationen und Vergleichen im Internet?

C.R.: „Der Online-Reisemarkt wächst mit großen Schritten und Reisebüros werden es in Zukunft bestimmt nicht leicht haben. Vielleicht nicht in 5 Jahren, aber in 10 Jahren werden die Onlinebuchungen den Reisebüros größtenteils den Rang ablaufen.“

Ihr finales Statement zu Tourismus und Web 2.0?

C.R.: „Das Web 2.0 bietet für den Tourismus fast unzählige Möglichkeiten. Das Potenzial für Urlauber, Hoteliers und Reiseveranstalter ist bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Fast jeden Tag tauchen neue Innovationen auf. Die Zukunft in diesem Bereich wird bestimmt nicht langweilig…“

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